
Das vom Griechischen abstammende Wort „Phänologie“ beschreibt im Wesentlichen schon,woran sich der Kalender orientiert:Auf Deutsch „Erscheinungslehre“,richtet sich der Kalender nach bestimmen Pflanzen und deren Erscheinungen. Dabei unterteilt der Kalender das Jahr nicht in die vier üblichen Jahreszeiten,sondern in zehn:
- Vorfrühling
- Erstfrühling
- Vollfrühling
- Frühsommer
- Hochsommer
- Spätsommer
- Frühherbst
- Vollherbst
- Spätherbst
- Winter
Blüht die Hasel,beginnt der Vorfrühling
Wann es von welcher Jahreszeit in die nächste übergeht,zeigen Erscheinungen in der Natur – sogenannte Zeigerpflanzen. Beginnt die Hasel zu blühen,heißt das,dass der Vorfrühling begonnen hat. Das bringt wiederum auch Aktivitäten in der Tierwelt mit sich – in dem Fall fliegen die ersten Hummeln,Maulwurfshügel tauchen auf und einige Vögel kehren aus dem Süden zurück.
Blüht der Holunder,beginnt der Frühsommer und wenn die Stiel-Eiche ihre Blätter verliert,dann startet der Winter. Wann das jeweils im aktuellen Jahr der Fall ist,dokumentiert unter anderem der Deutsche Wetterdienst (DWD). So hat in diesem Jahr am 4. Februar die Hasel zu blühen begonnen – das war zwar zehn Tage später als im Vorjahr aber dafür immer noch fünf Tage früher als im vieljährigen Mittel.
In Berlin blüht die Hasel zwei Wochen eher als in Bayern
Die phänologische Uhr,die der DWD auch mithilfe von Sofortmeldern erstellt und aktualisiert,zeigt auch die Entwicklungen in den Bundesländern. So hat in diesem Jahr etwa die Hasel in Bayern erst am 16. Februar zu blühen begonnen,in Berlin schon mehr als zwei Wochen früher. „Diese Daten können immer nur Mischwerte sein und verschieben sich teilweise schon innerhalb kleiner Regionen“,sagt Gartengestalter Peter Janke. „Es gibt ja sogar innerhalb eines Stadtgebiets Wetterunterschiedlichkeiten.“
Achtsamkeit gegenüber den sichtbaren Naturphänomenen
Wie Janke erklärt,wurde der phänologische Kalender in unserem Kulturkreis im Vergleich zu anderen relativ spät entwickelt und genutzt. „Bei uns ist er erst im 19. Jahrhundert auf die Bühne gekommen.“ Andere Völker,die mehr Sensibilität auf das Zuhören der Natur legten,hätten schon im Mittelalter phänologische Beobachtungen gemacht und sich nach diesen gerichtet. „Während bei uns versucht wurde,die Natur nach unserem Willen zu beeinflussen,hat man beispielsweise im shintoistisch geprägten Japan gelernt,sie zu verstehen und ehrfurchtsvoller zu nutzen.“
Für Janke bedeutet der Kalender auch Achtsamkeit gegenüber den sichtbaren Naturphänomenen. „Dabei geht es darum,zu beobachten,wie sich Tiere und Pflanzen im Jahresverlauf verändern:Wann ruft der Kuckuck,wann fliegt der Kranich und wann verfärben sich die Blätter bestimmter Pflanzen? Mittlerweile haben auch Klimaforscher erkannt,dass das auch bei Wetterprognosen eine sensible Stellschraube sein kann“,sagt er.
Wenn der Holunder blüht,sind die allerletzten Fröste vorbei

Genutzt wird der phänologische Kalender überwiegend von Gärtnern. „Auch private Gartenbesitzer können den Kalender als Werkzeug erkennen,“ sagt Janke. „Wenn der Holunder blüht,sind spätestens die allerletzten die Fröste vorbei.“
Selbst frostempfindlichste Pflanzen,wie etwa Tomaten,können nun unbedenklich in den Garten gepflanzt werden. Hat hingegen der Vorfrühling begonnen,können etwa Obstbäume und bis zum Beginn des Vogelschutzes Anfang März Hecken geschnitten werden. Und nach der Forsythienblüte können erste Gemüsesorten wie Radieschen und Karotten im Freiland gesät werden.
Phänologischer Kalender sensibilisiert Gartenbesitzer
Unter dem Stichwort Achtsamkeit kann der Kalender laut Janke die Gartenbesitzer auch für die Vorgänge im eigenen Garten sensibilisieren und ihnen helfen,Dinge zu bemerken,die sonst vielleicht unentdeckt bleiben würden.
„Die Hasel blüht meist zeitgleich mit Schneeglöckchen“,nennt er ein Beispiel. „Wenn ich das weiß,kann ich in den Garten gehen und eventuell Schneeglöckchen,die noch unter einer zu dichten Laubschicht sind,von dieser befreien – ansonsten wären diese womöglich unentdeckt erstickt.“
Kalender verschiebt sich auch aufgrund des Klimawandels
Auch aufgrund des Klimawandels unterliegt der phänologische Kalender einem ständigen Wechsel. „Der Kalender wird beweglicher und wandelt sich“,sagt Janke. „Vor allem im Frühling gibt es maßgebliche Verschiebungen – einige Zeigerpflanzen blühen zwei bis drei Wochen früher.“ Und noch etwas schätzt Janke an dem phänologischen Kalender:„Ich persönlich finde es gut,dass neben den heimischen Gehölzen auch fremde Pflanzen dazu genommen wurden.
Forsythien haben viele Menschen im Garten und jeder kann sie sehen und sich daran orientieren.“ Grundsätzlich solle man sich Jankes Meinung nach überlegen,ob man stattdessen andere Zeigerpflanzen wie die Stiel-Eiche ersetzt – „die gibt es ja deutlich seltener als früher“.
Trotz – oder vielleicht auch gerade wegen – der Flexibilität des phänologischen Kalenders ist sich Janke sicher:Der Kalender wird immer ein wichtiges Instrument bleiben,an dem sich vieles ablesen lässt und wichtige Prognosen gestellt werden können.