
Spargel gehört zweifellos zu den beliebtesten Gemüsesorten der Deutschen. Bis Ende Juni gibt es die schmackhaften Stangen aus hiesigem Anbau zu kaufen. Der Beginn der Erntezeit verschiebt sich hierzulande jedoch seit Jahren kontinuierlich nach vorne – unter anderem,weil die deutschen Spargelbauern mit Importen aus wärmeren Ländern konkurrieren müssen. Diverse technische Kniffe machen es möglich,den Spargel auch auf heimischen Äckern immer früher zu stechen. Umweltschützer hinterfragen jedoch die ökologische Sinnhaftigkeit dieser Methoden.
Konkurrenz aus dem Süden
Das Ende der jährlichen Spargelernte steht in Deutschland traditionell fest:Am 24. Juni werden in aller Regel die letzten Stangen des beliebten Gemüses gestochen. Denn spätestens ab diesem Datum,dem sogenannten Johannistag,brauchen die Spargelpflanzen Ruhe,um sich zu erholen und neue Kraft für das Folgejahr tanken zu können. Der Beginn der Spargelsaison verschiebt sich seit einigen Jahren dagegen immer weiter nach vorne.
Lagen die ersten Stangen früher je nach Witterung zwischen Mitte und Ende April bei den Händlern,haben einige Supermärkte inzwischen schon ab Anfang März frischen Spargel im Sortiment. Grund für diese Entwicklung waren zunächst Importe aus wärmeren Ländern in Südeuropa oder Lateinamerika. Um gegen diese Konkurrenz bestehen zu können,setzen auch deutsche Bauern zunehmend auf eine frühere Ernte.
Folien und Heizungen
Spargel reift erst ab einer Bodentemperatur von etwa zwölf bis 15 Grad Celsius. Mit verschiedenen technischen Hilfsmitteln können die Landwirte ihre Äcker aber schon vor dem Erreichen der dafür nötigen Lufttemperaturen auf diese Werte erwärmen. So werden auf einigen Spargelflächen beispielsweise unterirdische Leitungssysteme zur Bodenerwärmung eingesetzt,durch die warmes Wasser gepumpt wird.
„Eine deutlich weiter verbreitete Methode zur Ernteverfrühung ist jedoch das Ausbringen von Folien“,sagt Jochen Goedecke,Referent für Landwirtschaft beim baden-württembergischen Landesverband des Naturschutzbundes Deutschland (NABU). Dabei spannen die Spargelbauern verschiedene Arten von Folien über ihre Spargeldämme – so werden die niedrigen Erdwälle genannt,in denen die Pflanzen unterirdisch heranwachsen.
Thermofolien helfen zur Regulation der Bodentemperatur
Sogenannte Antitau- und Thermofolien funktionieren dabei nach dem Gewächshausprinzip:Schon bei schwacher Sonneneinstrahlung erwärmt sich in ihrem Inneren die Luft- und damit auch die Erdtemperatur. Zusätzlich wird das Erdreich vielerorts noch mit einer Schicht wendbarer schwarz-weißer Folie abgedeckt. Die schwarze Seite fängt die Wärmeenergie der Sonne besser ein,die weiße Seite reflektiert sie. So kann die Bodentemperatur effektiver kontrolliert werden – und damit Wachstum und Ernte insgesamt. Darüber hinaus schützt diese zweite Schicht die Spargelstangen vor direktem Sonnenlicht und damit vor Verfärbung. Weißer Spargel wird schon nach kurzer Lichteinwirkung violett. Dies wirkt sich zwar nicht wesentlich auf den Geschmack aus,gilt aber bei Handel und Verbrauchern in Deutschland als Qualitätsmangel.

Folien verursachen riesige Mengen an Plastikmüll
Die mehrfache Abdeckung der Spargelfelder beansprucht riesige Mengen an Folie − rund sieben Kilometer sind es pro Hektar Anbaufläche laut Jochen Goedecke. „Obwohl die Folien sechs bis zehn Jahre lang halten,kommen dadurch riesige Mengen an Plastikmüll zusammen“,kritisiert der NABU-Experte. Deutschlandweit wurden 2018 auf insgesamt rund 23.000 Hektar Spargel angebaut. Geht man von der maximalen Lebensdauer der Folien aus,müssen jedes Jahr durchschnittlich 2.300 Hektar neu abgedeckt und über 16.000 Folienkilometer entsorgt werden. Wiederverwertet werden die verschmutzten Folien in der Regel nicht. Stattdessen enden sie in der Regel in der Müllverbrennungsanlage.
Gemischte ökologische Bilanz
Die Spargelbauern verweisen darauf,dass der Einsatz von Folien den Ausstoß von Kohlendioxid verringert,der beim Import von Spargel aus dem Ausland entstehen würde. Zudem sei der Wasserbedarf in weiter südlich gelegenen Anbaugebieten deutlich höher. Ein weiterer Umweltvorteil aus Sicht der Landwirte ergibt sich als Nebeneffekt der lichtdichten Schwarz-Weiß-Folien:Diese verhindern das Wachstum unerwünschter Gräser und Kräuter und verringern damit den Bedarf an chemischen Unkrautvernichtungsmitteln.
Trotzdem sehen Umweltschützer den großflächigen Einsatz nicht nur wegen der großen Mengen an zusätzlichem Plastikmüll kritisch:„Weil sie das Wachstum vieler Kräuter und Gräser unterbinden,zerstören die Folien wichtige Lebensräume für Insekten – das entzieht wiederum zahlreichen Feldvögeln die Nahrungsgrundlage“,so NABU-Referent Goedecke.
Verbraucher in der Pflicht
Schuld am zunehmenden Verschwinden der landwirtschaftlichen Flächen unter einem Meer aus Plastik sind nicht allein die Spargelbetriebe,sondern auch Handel und Verbraucher. Schließlich fragen diese das schmackhafte Gemüse zunehmend auch außerhalb der traditionellen Spargelzeit nach. Zumindest ein kleines Zeichen gegen die künstliche Verfrühung können Verbraucher setzen,indem sie vor dem traditionellen Saisonstart auf Spargel verzichten.
Wer die Stangen aus folienfreiem Anbau genießen will,der muss dafür unter Umständen lange suchen:Nur noch wenige Höfe lassen die Hilfsmittel weg. Schätzungen zufolge nutzen 80 bis 90 Prozent der deutschen Spargelbauern Folien zur Verfrühung ihrer Ernten. Das gilt übrigens auch für Bio-Spargel:Im Ökolandbau ist das Folien-Verfahren inzwischen ebenfalls flächendeckend angekommen.
Im Video:Darauf sollten Sie bei Johanniskraut-Einnahme unbedingt achten